Die erste Mail kam schon vor Fukushima, eine ehemalige Mitschülerin nahm sich der Aufgabe an und plante das 20jährige Abi-Jahrgangstreffen, und zwar für den 28.05.2011 – den Tag, an dem Monate später zu bundesweiten Großdemos für den Atomausstieg aufgerufen wurde. Und so war ich am letzten Samstag mal wieder in meiner Heimatstadt Hamburg und ließ es mir natürlich nicht nehmen, auch zur Anti-Atom-Demo zu gehen.
Irgendwie war die Erwartung da, dass eine Demo in Hamburg nun etwas ganz besonderes sein müsste, eben ganz anders als im kleinen Mönchengladbach oder den „Metropolen“ im Umland. Weit gefehlt – auch in Deutschlands schönster Stadt sind Demos eben „nur“ Demos ... nur ein wenig Größer.
Dabei versprach doch schon der Startpunkt ein ganz besonderes Flair: Jungfernstieg mit Blick auf die Binnenalster! Doch etliche Baumaßnahmen versperrten meist den Blick und wenn es um den Atomausstieg geht, rücken romantische Gefühle eh in den Hintergrund.
Und dann war ich doch sofort zu Hause, nicht nur in der Stadt, auch in der Partei. Wegen meiner DIE LINKE Tasche fragte mich direkt Karsten Strasser (Umweltpolitischer Sprecher DIE LINKE. Altonar), ob ich ein wenig beim Flyer verteilen helfen würde? Und so warb ich für eine Informationsveranstaltung zum Volksbegehren „Unser Hamburg – Unser Netz!“
Übrigens ist ein ähnliches Volksbegehren von Verdi gerade in Hamburg gescheitert, da ging es viel Allgemeiner um Verhinderung von Privatisierung und Rekommunalisierung. Das jetzige Begehren ist spezieller Formuliert und von einem breiteren Bündnis getragen - somit hoffentlich erfolgreicher:
Gute Sache das und der kleine Stapel Flyer war auch Ruck Zuck weg, btw. in Mönchengladbach würde ich mir für son paar Flyer nicht mal Schuhe anziehen ;-)
Naja, wo die GenossInnen in Hamburg von uns noch beim Verteilen lernen können, da stimmt es bei ihnen wenigstens mit der FunktionsträgerInnen Moral: Norbert Hackbusch (stellvertretender Fraktionsvorsitzender DIE LINKE in der Hamburger Bürgerschaft) verteilte fleißig Helium Ballons vom LKW und eine der vier LandessprecherInnen, Zaman Masudi, lief mit mit und suchte den Kontakt zu den St. Pauli Fans, ganz nach dem Motto: Abstiegskampf war gestern, jetzt ist der Kampf für den Ausstieg angesagt! Und dann hab ich auch Stephan Jersch (Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. in der Bezirksversammlung Bergedorf) getroffen, ihn kenne ich über Twitter.
Nun denn, ein wenig besonders war es dann schon für mich als Ex-Hamburger, als die Demo am St. Pauli Stadion vorbei zog und dann über die Reeperbahn ging. Hier wurde dann auch deutlich wie viele es waren – nach Veranstalter Angabe 20.000 Menschen, die Polizei sprach zwar von 10.000, aber zählen gehört wohl nicht zu deren stärken!
Nun hätte ich aber von meiner Heimatstadt schon erwartet, dass sie die Bühne mit der Vattenfall Werbung nicht einfach Links liegen lassen, sondern hier mal ein großer Aufschrei los bricht – egal, sei es drum.
Typisch Hanseatisch wurde es dann wenig später: Kurz vor der Abschlusskundgebung am Fischmarkt gab es einen Ungeplanten Zwischenstopp. Ein im Zug befindliches Fahrzeug einer Bürgerinitiative blieb unter einer Brücke stehen und Blockierte somit die eigene Demo. Ziel war es, dass von der Brücke Leute aus der Hamburger Szene reden konnten. Sie machten deutlich, dass sie in Teilen im Widerspruch zu den Mitorganisatoren der Demo stehen, Namentlich wurden Grüne, SPD und DGB genannt. Deswegen würden Sie sich eben auch nicht in die Demo einreihen. Im Kern wurde auf die Zusammenhänge Kapital und Politik hingewiesen und wie wichtig es deswegen ist, dass BürgerInnen für ihr anliegen Kämpfen und weiterhin auf die Straße gehen. Auch ging es darum, dass Kohlekraft keine Brückentechnologie sein darf!
Das Sie sich auf diesem Weg Gehör verschafften, kam nicht bei allen gut an. ABER bei der Mehrheit schon - es war das einzige mal, dass während der Demo laute, massenhafte Beifallsbekundungen kamen. An dieser Stelle war es dann doch eine Demo, wie sie zu Hamburg passt - in der Tradition von Hafenstraße und Rote Flora ;-)
Auf dem Platz der Abschlusskundgebung gab es auch Besuch der Bauern aus dem Wendland, schönes Bild wie der Anhänger an der Elbe steht. Insgesamt ist das sowieso ein besonderes Gefühl, die Abschlusskundgebung am Fischmarkt mit der Elbe, den Schiffen und dem Hafen direkt an der einen Seite und die Hafenstraße an der anderen Seite. Auch wenn die bekannten Häuser lange nicht mehr so Bund sind wie früher :(
Und so gab es durch die Lage der Abschlusskundgebung noch eine Besonderheit: Es wurde nämlich in 21 Städten UND auf einem Fluss Demonstriert. Auf der Elbe gab es die Segler-Demo, der sich auch ein paar Kajaks angeschlossen hatten. Auch wenn es nur ca. 6 Schiffe und 5 Kajaks waren, aufgrund des normalen Hafenverkehr wäre wohl auch nicht mehr Möglich, toll wie diese neben der Abschlusskundgebung ihre Kreise drehten.
Natürlich "Widersetzte" sich auch Hamburg, bundesweit zeitgleich sollte sich auf allen Demos symbolisch auf den Boden gesetzt werden. In Hamburg zumindest klappte das. Dies war das Zeichen, dass wir uns alle bei den nächsten Castor Transporten wieder auf die Schienen setzen und auch vorher schon bei der Blockade "Block-Brockdorf".
Nach den 3 Minuten Sitzen sprangen alle auf und eine Band spielte auf der Bühne und heizte dem ganzen Platz richtig ein. Später folgten noch ein paar Reden und weitere Bands.
Mal so nebenbei, als ich jemanden mit der Castor-Dose auf dem Kopf sah, da kam bei mir doch gleich die Frage auf, ob es sich hierbei wohlmöglich um einen "Export-Schlager" der Ortsgruppe ATTAC Mönchengladbach handelt? Wissen wir doch, dass einer unserer Attacies schon in etlichen Medien mit seinem Endlager für Angie und Guido abgebildet war.