Persönliche Erklärung Hartmut Wessels, gehalten auf der Mitgliederversammlung DIE LINKE. Mönchengladbach am 20.7.2011. Auf dieser Mitgliederversammlung trat auch ich von meinem Amt als Kreissprecher zurück (lesen Sie ggf. hier meine Erklärung). Im folgenden Hartmut Wessels:
Zunächst möchte ich auf die von mir geübte Kritik auf der Jahreshauptversammlung im Januar hinweisen.
Kernpunkte damals waren:
- Mangelnde Kollegialität im KV
- Mängel bei der Verankerung in Initiativen und Bündnissen
- Stichwort: Verwalten statt betreuen der Mitglieder, Neumitgliedertreffen
- Strukturdebatte
Die Kritik fiel damals recht milde aus, in der Hoffnung das der Wille zur Veränderung bei allen vorhanden ist. Aus meiner Sicht haben sich die Probleme jedoch seitdem eher potenziert und zugespitzt.
Im folgenden will ich das Begründen:
Es gibt im KV schon seit längerem zwei unterschiedliche Politikverständnisse die sich gegenüberstehen und gegenseitig blockieren.
Die Gegensätze kulminieren in der Frage, beschränkt man sich in erster Linie auf die Arbeit im Rat macht Tagespolitik, und vernachlässigt die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in diesem Land oder greift man aktiv in die Diskussion dieser Fragen ein. Gibt die Partei die Richtlinien für die Arbeit der Fraktion vor oder dominiert die Fraktion die Arbeit in der Kreisorganisation? Geht es um konsequente Opposition oder will man Mitgestalten. Wenn Äußerungen kommen wie „Seit ich in dem und dem Ausschuss bin nehmen mich die Leute viel ernster“ und man sich in seiner Position sonnt zeugt das davon das der Drang in dieser Gesellschaft anzukommen immer mehr an Priorität bekommt.
In der Gesellschaft kontrovers diskutierte brisante Themen werden mit dem Hinweis abgeblockt: Das schadet uns, wir haben eine schlecht Presse und wir müssen uns dann verteidigen das kann uns Sympathien kosten. Häufig stehen nicht mehr unsere Positionen und wie wir sie an die Öffentlichkeit bringen im Mittelpunkt der Diskussion, sondern es wird nur noch gefragt was denken die Menschen zu dem Thema und wie passen wir unsere Argumentation dem an. Auf keinen Fall Anstoß erregen und auf keine Fall Themen anstoßen die quer zum Mainstream in der Gesellschaft stehen.
Es ist zwar richtig das die ein oder andere Position wie sie unser Landesverband oder unsere Programmatik benennen uns insbesondere beim Blick auf Wahlen kurzfristig Stimmen kosten könnte, aber nichts desto trotz ist es notwendig unsere einmal als richtig erkannten Vorstellungen unter die Menschen zu tragen und aufzuklären. Der Hinweis das interessiert keinen ist da nicht immer hilfreich.
Hierzu sei insbesondere an die Auseinandersetzungen um die Salafiten erinnert das zeigt sich aber auch an vielen kleineren Themen. Aber selbst Themen die breit und kontrovers in der Gesellschaft diskutiert werden wie z.B. der Krieg in Libyen, die Gaza Hilfsflotte, der Maulkorb Erlass, PID oder die Euro respektive die Griechenlandkrise und wie die herrschenden in unserem Land damit umgehen spielt im Kreisverband und im Kreisvorstand keine Rolle.
Die Mitglieder werden zum Teil regelrecht getäuscht und nicht ernst genommen, wenn Kreisvorstandsprotokolle und Rechenschaftsberichte geglättet werden, politische Kontro-versen und Probleme im Kreisvorstand nicht in den Protokollen benannt werden und das mit dem Hinweis begründet wird nicht die Probleme seien wichtig sondern wenn wir die Genossen erreichen und aktivieren, etwas erreichen wollen müssen wir unsere Erfolge herausstreichen und dabei seien Diskussionen über unsere politischen Kontroversen nur hinderlich.
Eine Partei die nicht auf volle Publizität setzt und alle Probleme gegenüber der Öffentlichkeit und den Mitgliedern transparent und offen diskutiert ist nicht ernst zu nehmen und wird auf Dauer Schiffbruch erleiden.
Über die Personelle Entwicklung unserer Kreisorganisation wird weitgehend hinweg-gegangen. Wenn immer mehr Genossinnen und Genossen in die innere Emigration gehen und sich nicht mehr beteiligen wird darüber hinweggegangen nach dem Motto die Karawane zieht weiter. Oder man hört: „Na Gott sei Dank ist der (Jörg) nicht mehr dabei.“ Ursachen-forschung wird nicht betrieben.
Interessant ist das Themen die Monatelang blockiert wurden nachdem man glaubt jetzt Mehrheiten zu haben in gewendeter Form wieder aufgegriffen werden. Z.B. in der Betreuung der Mitglieder: So wurde zwar jetzt ein Neumitgliedertreffen durchgeführt, aber anstatt das zu verbinden mit der Möglichkeit für Mitglieder und Neumitglieder über eine anschließende Fete sich gegenseitig kennen zulernen und dafür ein Wochenende zu nutzen wurde eine trockene Abendsitzung anberaumt zu der dann auch nur 3 Neumitglieder kamen. So vergibt man Chancen. Helmut bietet seit mindestens 2 Jahren an in Beilstein Neumitgliederseminare durchzuführen, das wird geflissentlich ignoriert.
Der Fragebogen zur Mitgliederbetreuung von dem wir uns mehr Versprochen hatten erwies sich als Flop aber anstatt Sich damit zu befassen und zu Fragen was müssen wir anders machen um besser an die Mitglieder heranzukommen wird das Thema zu den Akten gelegt und nicht weiter behandelt.
Die Zahl der aktiven Mitglieder die zu Zeiten der Wahlkämpfe noch bei ca. 25 lag ist mittlerweile auf die Zahl von rund 15 Zusammengeschrumpft und im wesentlichen identisch mit den Funktionstägern, überhaupt zeichnet sich die Tendenz zur Bildung einer Parteibürokratie immer deutlicher ab. Entscheidungen fallen im wesentlichen in Fraktion, Kreisvorstand und Büroteam, und nicht auf den Mitgliederversammlungen. Das seit Monaten keine Infotreffs in MG und Rheydt mehr stattfinden wird einfach hingenommen. Im Gegenteil mit dem Vorstoß Aktivitäten vor Ort an die Ratsmitglieder und Bezirksvertreter anzubinden wird die Tendenz die Partei der Fraktion unterzuordnen noch Verstärkt.
Ich frage auch welchen Gebrauchswert für die Menschen haben wir noch, wenn wir zwar Auf sozialarbeiterischen Gebiet (z. B Sozialberatung, deren Wert ich sehr schätze und nicht herabsetzen will) aktiv sind ,aber nicht mehr Hinterfragen welche Formen des Widerstandes gegen Hartz4 und Sozialabbau wir entwickeln können.
Auf der Strasse mit Infoständen sind wir schon lange nicht mehr präsent, auch weil einige Funktionäre sich grundsätzlich dieser wichtigen Arbeit verweigern. In der Bündnisarbeit sind wir kein Stück vorangekommen, abgesehen von der Kernenergiefrage die aber im wesent-lichen von 2-3 Genossen getragen wird und im übrigen ausgerechnet vom Mitglied des Umweltausschuss weitgehend boykottiert wird.
Insgesamt machen wir eine Stellvertreterpolitik und beziehen Mitglieder und Sympathisanten nicht in unsere Arbeit ein, was wir jedoch dringend brauchen ist der Kontakt zu Gruppen und Menschen die für ihre Interessen selbst aktiv werden. Mit diesen Menschen ist eine verstärkte Zusammenarbeit zu suchen, die sich aber nicht auf gelegentliche Treffs mit der Fraktion beschränken kann und darf, hier ist unsere Mitarbeit gefordert.
Liebe Genossinnen und Genossen
Im Anbetracht all der geschilderten Probleme und dem fehlenden Willen im Kreisvorstand diese Probleme ernsthaft anzugehen kann ich es mit meinem Gewissen und meiner Verantwortung gegenüber den Mitgliedern nicht mehr verantworten diese Politik durch die Mitgliedschaft im Kreisvorstand mitzutragen.
Deshalb trete ich mit sofortiger Wirkung von meiner Funktion als Mitglied im Kreisvorstand zurück und erkläre gleichzeitig für einen neu zu wählenden Kreisvorstand in dem Sabine als Kreissprecherin tätig ist und dem Walter angehört nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Dafür ist das Vertrauensverhältnis zu sehr gestört. Ein abdriften unserer Partei in Richtung Sozialdemokratismus wie es insbesondere von Sabine und Walter mit Macht betrieben wird würde unsere Partei überflüssig machen.
Ich werde natürlich auch weiterhin für die administrativen Arbeiten wie das Versenden von Einladungen zur Verfügung stehen und mich natürlich an Beschlüsse des Kreisvorstandes halten soweit sie notwendig sind um ein einheitliches Handeln der Partei zu gewährleisten. Erkläre aber gleichzeitig wenn eine Vom Kreisvorstand beschlossene Aktion beendet ist werde ich sofern ich sie für falsch gehalten habe danach entsprechend kritisch damit umgehen.
In politisch ideologischen Fragen werde ich alle Tendenzen die unsere Positionen die, die notwendige Grundsätzliche Veränderung hin zu einer Gesellschaft jenseits von Markt und Kapitalismus aufweichen wollen energisch bekämpfen. Arzt am Krankenbett des Kapitalismus müssen wir nicht sein das besorgen bereits andere und zwar besser als wir.
Mein Schwerpunkt in Zukunft wird die verstärkte Arbeit in Bündnissen , auf Landesebene in der LAG Gesundheit und im Bereich Hartz IV ,sowie im Gewerkschaftsbereich sein .
Darüber hinaus bin ich bereit dafür zu Arbeiten, dass in Ry und MG die Infoabende wieder durchgeführt werden.
Mönchengladbach 20.Juli 2011
Hartmut Wessels
Diesen Text habe ich mit freundlicher Genehmigung von Hartmut Wessels hier veröffentlicht. Da es sich nicht um meinen eigenen Text handelt, kann ich diesen Text nicht unter den üblichen Bedingungen dieser Webseite (der Creative Commons by-nc-sa) veröffentlichen. Bitte halten Sie vor einer weiterverwendung bitte ggf. Rücksprache mit dem Autor selber.