Politik ist einfach zu wichtig um sie hinter verschlossenen Türen zu planen und in leeren Sälen zu entscheiden. Politik muss transparent sein, Politik muss in und mit der Bevölkerung gelebt werden. Sie sollte Teil des alltäglichen Lebens sein – egal wie unangenehm das manchmal ist. Unangenehm für die BürgerInnen, weil sie Dinge hören, die einfach nicht schön sind. Unangenehm für die PolitikerInnen, weil sie eben auch diese unschönen Dinge sagen müssen.
Aber Politik kann auch schön sein. Sie kann gut sein. Sie kann Visionär sein. Sie kann begeistern. Sie kann Interesse wecken. Sie kann ... so viel! Nur, sie muss es auch wollen. Aber vor allem muss sie präsent sein!
Deswegen möchte ich mir mal nur eine von vielen Möglichkeiten herraus greifen. Ich behaupte nicht, dass es das Allheilmittel ist, nein, es ist eben nur ein kleines Detail in einem langen Weg zu einer Politik, die sich wieder an die BürgerInnen richtet. Die RatsCam!
Ich finde, es wäre eine gute Idee, Ratssitzungen (und später vielleicht auch Bezirksvertretung und Ausschüsse), per Stream über das Internet live zu übertragen. Und ich weiß, dass ich da nicht ganz alleine stehe! Wer mir auf Twitter folgt weiß z.B., dass da auch Mitglieder anderer Fraktionen die Ampel auf Grün stellen wollen ;-).
Und ich bin überzeugt, ganz ganz viele BürgerInnen wären auch dafür.
Ich hatte deswegen eine Anfrage an die Stadt gestellt, und das extra als Privatperson, denn so eine Übertragung sollte kein parteipolitischer Werbekanal sein. Sie sollte eben Politik den BürgerInnen näher bringen. Mein Angebot war, dass ich das ganze erstmal kostenlos für den Rat organisiere. Heute kam die Antwort des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten der Stadt: Ist nicht möglich. Persönlichkeitsrechte, Datenschutz, der Ablauf als "ungezwungene, freimütige und in aller Offenheit verlaufende" Sitzung sei gefährdet wegen "psychologischer Hemmnisse".
Manche kennen mich, alles genau Themen, auf die ich sehr viel Wert lege, und somit natürlich Gründe gegen eine Übertragung. Ich könnte auch noch weitere Gründe dagegen nennen, nur mal zwei in Stichworten:
- die Ratssitzungen verkommen zu einer Showbühne, wo nur noch "populistisch" und "marktschreierisch" agiert wird. Also ein "Wahlkampf" mit Effekthascherei und nicht mehr eine Diskussion mit Argumenten / Themen / Inhalten.
- die BürgerInnen werden in ihrer Konsumhaltung gestärkt und nehmen Politik nur noch als Abendprogramm wahr. Sie werden endgültig zur konsumierenden "Couch-Potato".
Nur, was für ein Bild steht hinter den von mir genannten Gründen gegen eine Übertragung?
Das Bild der unmündigen BürgerInnen! Aber sie können sehr wohl zwischen Effekthascherei und Argumenten unterscheiden! Sie haben oft einfach nicht die Möglichkeit um 15:00 Uhr im Ratssaal zu sitzen und alle Themen zu hören - bei so einer Übertragung können sie es besser ihrem Zeitfenster und ihren Interessen anpassen. Und dadurch werden sie "heiß" und wollen irgendwann mehr - und mitmischen!
Was steht hinter den Argumenten der Stadt?
Das unsere PolitikerInnen ja nur unfähige Hobby-Aktivisten sind. Zwar werden vor der Wahl diverse Informationen im Amtsblatt veröffentlicht, aber nach der Wahl sind sie einfach nicht mehr vorzeigbar. Sie müssen vor sich selbst geschützt werden, damit sie bei der nächsten Wahl wieder als die gleichen sauberen Pappfiguren aufgestellt werden können.
So ist das aber nicht - unsere Politiker sind Personen des (lokalen) öffentlichen Interesses - unsere Politiker können mehr - und können sie es nicht, gehört das auch in die Öffentlichkeit. Immerhin sind sie lokal die gewählten VertreterInnen der BürgerInnen.
Kosten -Argumente zählen nicht, in der Testphase trage ich die 4 Euro Gebühr für Onlinekosten, stelle Hardware, und Server-Übertragung geht über Anbieter die es kostenfrei (aber mit Werbung auf der Seite) machen. Die ganzen Unibrennt Aktionen haben es uns doch vorgemacht wie es geht – wie z.B. ein Hörsaal online geht.
Mittelfristig stehen für die Stadt einmalige Kosten von ca. 2000,- Euro Hardware an, und etwas pro Übertragung. Und Bonn Macht es!!! Nur ein Beispiel.
Fakt ist aber auch: derzeit gibt die Gesetzgebung und die Urteile (Link via @shadaik) es nur her, wenn alle Ratsmitglieder zustimmen (Publikum wird selbstverständlich nicht gezeigt). Vielleicht lassen sich die verschiedenen Parteien ja da mal gemeinsam an ihrem allseits formulierten Anspruch der Bürgernähe messen, vielleicht stimmen sie ja fraktionsübergreifend zu.
Na ich bleib mal dran, vielleicht macht ja noch wer mit. Vielleicht machst DU ja mit!
Gruß
Torben
Update: Inzwischen hat @shadaik in seinem Blog shadaik.net auch was zur RatsWebCam geschrieben. Und @olbue312 hat sich auch dazu geäußert. Somit ist die RatsWebCam nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern in DIE LINKE. MG, bei den Grünen MG und bei der SPD ein Thema.